- Titel:
- Sieben
- Entstehungsjahr:
- 2020
- Künstler-/in:
- Imke Kreiser | Alle Werke
- Kategorie:
- Installation
- Material:
- Acrylfarbe
Karton
Kunststoff
Faden
Tinte
- Maße:
- Höhe: 150 cm
Tiefe: 50 cm
Breite: 50 cm
- Beschreibung:
- Werktitel : “ Sieben“
Material : Chromoboard, Baumwolle
Technik : Mixed Media
Künstlerin : Imke Kreiser
Entstehungsjahr: 2021
Zur Entstehung:
Das Jahr 2021 wird wohl weltweit als annus horribilis wahrgenommen, das gekennzeichnet ist durch globale Umweltkatastrophen, Seuchen, gesellschaftliche und politische Unruhen. Soziale Medien befeuern einerseits Endzeitstimmung und Verschwörungstheorien, andererseits verbreitet sich der Wunsch nach einem dauerhaften Paradigmenwechsel hin zu verantwortlichem und solidarischem Handeln. Die postkapitalistische Weltordnung, die permanentes Wachstum trotz
aller evidenten Konsequenzen zum obersten Gebot erhoben hat, befindet sich in einer veritablen Krise.
Zu den Texten:
Die Wahl Auszüge aus der Offenbarung des Johannes für das Objekt zu verwenden, ist ebenso naheliegend wie missverständlich. Das Objekt sucht hinter dem Text der Bibel, der von Chaos und Untergang berichtet nach einer kosmischen Ordnung, die über kulturelle Lesarten hinaus auf eine abstrakte Schönheit und Gerechtigkeit der Welt verweist. Diese findet sich einerseits in der in allen Weltkulturen verbreiteten Zahlensymbolik, andererseits im ebenso überkulturellen Konzept der Rechenschaft im Sinne des Buch des Lebens. Beides ist fest im christlichen Weltbild verankert, das trotzdem bevorzugt von weissen Suprematisten benutzt wird, um die eigenen Privilegien und Ideologien über die Rechte anderer zu stellen.
Zur interdisziplinären Bedeutung der Zahl 7:
Abgesehen von der Sonderstellung, die die Zahl 7 als niedrigste Generatorzahl in der Reihe der natürlichen Zahlen in der Mathematik einnimmt, haben sich auch andere Disziplinen mit der Bedeutung der Zahl 7 beschäftigt.
Die Sieben ist die Summe von drei und vier, von Geist und Seele einerseits sowie Körper andererseits und steht so für das Menschliche. In der überkommenen christlichen Zahlensymbolik des Mittelalters steht die Drei für die nach dem Bild des dreifaltigen Gottes geschaffene Seele und alle geistigen Dinge. Die Vier ist die Zahl der Elemente und steht damit symbolisch für die materiellen Dinge, die nach antiker Anschauung alle aus der Kombination der vier Elemente hervorgehen.
Ein anderer Erklärungsversuch für die Sonderstellung der Sieben in vielen Kulturen ist das Vorhandensein von den sieben Öffnungen der menschlichen Wahrnehmungsorgane im menschlichen Schädel: zwei Ohren, zwei Nasenlöcher, zwei Augen und ein Mund. Das Konzept der sieben Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten, Orientierung und Gleichgewicht) korrespondiert damit.
Eine psychologische Erklärung für die Bedeutung der Zahl sieben könnte in der Wahrnehmung der Menschen liegen. Sie stammt aus dem Gebiet der Kognitions-psychologie und wird Millersche Zahl genannt. Schon vor über dreihundert Jahren entdeckte John Locke die sogenannten „seven phenomena“, als er das Auffassungs-vermögen eines Erwachsenen untersuchte. Er stellte fest, dass Testpersonen, die eine größere Anzahl von Gegenständen einen kurzen Augenblick lang sehen, bei bis zu sieben Objekten eine Trefferquote von fast hundert Prozent haben. Bei mehr als sieben Gegenständen kommt es zu einem schlagartigen Abfall der Quote.
Andere Wissenschaften gehen davon aus, dass die Sonderstellung der Sieben auf der Beobachtung astronomischer Besonderheiten beruhe. Sieben ist die Anzahl der schon frühzeitig mit bloßem Auge sichtbaren, scheinbar beweglichen Himmelskörper: Sonne und Mond, dazu die Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. In frühen Gesellschaften wurde das Himmelsgeschehen als göttlich verstanden, diese Wandelgestirne wurden mit den Göttern gleichgesetzt. So lässt sich beispielsweise auch die Himmelsscheibe von Nebra mit ihren 7 goldenen Punkten deuten, auf die die Kreisschrift auf einer der Bildtafeln verweist.
Die Sieben in außereuropäischen Kulturen:
In Ägypten spielt die Sieben eine geringere Rolle, aber die Hauptgötter, Ra und Osiris, sind von sieben Gottheiten umgeben.
Das NilHochwasser zeigt nach neueren Erkenntnissen auch einen siebenjährigen Zyklus auf. Darauf könnten die sieben fetten und sieben dürren Jahre in Ägypten Bezug nehmen, von denen in der Bibel berichtet wird.
In der traditionellen und daraus abgeleitet in der esoterischen Energielehre gibt es 7 Haupt-Chakren, welche als HauptEnergieZentren des Menschen angesehen werden.
Auch in Indien ist sie eine bevorzugte Zahl. Es werden die „sieben Kühe der höchsten Himmelsräume“ verehrt, und erst in der siebenten Generation wird eine Abänderung der Kaste nach „oben“ oder „unten“ erreicht.
Die Zahl Sieben ist die häufigste Zahl in den BuddhaLegenden. Auch in China besitzt die Sieben eine Sonderrolle.
Zum Material:
Das Objekt besteht aus drei Bildtafeln aus Chromoboard und einem Quipu aus geknoteten Baumwollfäden. Diese Knotenschrift diente in Südamerika in erster Linie der Buchführung. In den verschiedenen Verwaltungsbezirken hielt man mit dem Knüpfen verschiedener Knoten und unterschiedlicher Farben zum Beispiel Ernteerträge oder geleistete Arbeitsdienste fest. Auch zur Erhebung der Steuern wurde sie verwendet. Wie das Buch des Lebens stellt also auch das Quipu eine Form von Rechenschaftsnachweis dar.
Während die schwarzen Buchstaben und Zahlen aber abstrakte Systeme repräsentieren, erlaubt das Quipu einen unmittelbar über die Sinne vermitteltes taktiles Verständnis des Konzepts der Rechenschaft, auch wenn beide Systeme gleichermassen auf spirituellen, kognitiven und sozialen Kulturleistungen beruhen.
Das Rot der Baumwollfäden nimmt die Erzählung der Kreisschrift der frontalen Bildtafel auf und stellt über die Farbe und die Assoziation mit Blut die Verbindung zwischen den beiden Konzepten her.
IK 2021
Imke Kreiser
- Schlagworte:
- Buch des Lebens
Rechenschaft
Künstlerbuch
Buchobjekt
Schuld
Johannes-Apokalypse 2,4-3,21
Knotenschrift
- Lizenz der Metadaten:
- kein Copyright / Public domain (CC0 1.0)
https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de
- Persistente URL:
- https://doi.org/10.25362/kupo.520545ab-e26e-4215-a149-7aa500e374d0
- Lizenz:
- Imke Kreiser / VG Bild-Kunsthttp://rightsstatements.org/vocab/InC/1.0/Imke Kreiser2020-10-15record_kuniweb_1395400_media/record_kuniweb_1395400_767741.jpg0.0BBK OstfrieslandUrheberrechtsschutz (InC)http://rightsstatements.org/vocab/InC/1.0/BBK Ostfriesland2021-08-19record_kuniweb_1395400_media/record_kuniweb_1395400_802025.jpg0.0Urheberrechtsschutz (InC)