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Gert Böhme


Kontaktadresse:

Johann Böhme und Frank E. Stainless

E-Mail: info(at)verschollene-generation.de

Gert Böhme
* 1906 in Bernau bei Berlin - † 1960 in Hannover

Die Kunsthistorikerin Brita Koch urteilt in einer Untersuchung 2010, Gert Böhmes Malerei tendiere stets zur Abstraktion, doch eine Verbindung zur Realität bleibe, wenn auch nicht immer benennbar, bestehen. In seiner Serie der Landschaftsbilder, die ihn bis zum Schluss fesselten, lasse die Bildstruktur das Sujet zwar noch erkennen, doch die Formen würden immer stärker vereinfacht. Böhme verliere sich nicht in irgendwelchen Details, denn er sei bestrebt, das Naturerlebnis nach vorhandenen Gesetzen mit Hilfe von Farbe und Fläche zu ordnen.
In Anbetracht der Aktivitäten der Kunsthalle Schweinfurt über den Expressiven Realismus und die Kunst der verschollenen Generation in Deutschland sowie der Bitte um Einschätzung der Arbeiten Gert Böhmes anhand Brita Kochs Untersuchung antwortete 2017 die Direktorin der Kunsthalle, Andrea Brandl, dass das Werk Gert Böhmes aber überaus bemerkenswert sei. Vor allem der Wandel in den 50er Jahren zu eher abstrahierenden Formen in Anlehnung an Willi Baumeister sei ganz erstaunlich. Aus den 1920er Jahren und hier der neuen Sachlichkeit kommend habe er sich mutig hin zur Moderne entwickelt und einen Schritt vollzogen, den die Maler der verschollenen Generation eben nicht mehr gingen.

Gert Böhme hat den künstlerischen Qualitätsanspruch der Nachkriegszeit im Berufsverband bildender Künstler von Lauterbach gemeinsam mit seinen Freunden entscheidend mitgeprägt und nach 1950 ähnlich auch in Hannover mit seinem Werk und als Kunstlehrer in Gymnasien. Insbesondere hat er viele junge Talente in Kursen gefördert.

Künstlerischer Nachlass

Obwohl frühere Arbeiten bei einem Brand 1947 zum großen Teil vernichtet wurden, befinden sich mehr als 300 Gemälde und Grafiken in Privatbesitz, davon 168 Werke in kuniweb, Pool: Böhme, Gert, dokumentiert.

1906 am 2. Februar in Bernau bei Berlin geboren
1925 Reifeprüfung am Dorotheenstädtischen Realgymnasium Berlin 
1925-1929 Studium an der Staatlichen Kunstschule zu Berlin: Abschluss Künstlerische Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen 
1929-1931 Referendarzeit in Berlin: Abschluss Pädagogischen Prüfung 
1931 Studienassessor für das Fach Kunsterziehung in Berlin, später Bernau, Eberswalde und ab
1933 in Senftenberg
1937/38 Studienreise nach Norwegen und Schweden
1938
Ernennung zum Studienrat 
1932 Heirat mit der Modistin Gertrud Holzhausen (*1909, †2002), drei Kinder: Dorothea (*1934), Johann Friedrich (*1940) und Sabine (*1941) 
1939-1940 und 1943-1945 Kriegsdienst 
Juni 1945 Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft nach Alsfeld/Hessen, wo er in Altenburg unterkommt, getrennt von seiner Familie, die später in Bernau bei Berlin ansässig wird 
1945-1950 arbeitet er freischaffend als Maler und Grafiker, gibt an der Alsfelder Volkshochschule Kurse in Zeichnen, Malen und Kunstgeschichte. Beginn der lebenslangen Freundschaft zu den Malern Erich Krantz (1904-1966), Robert Müller-Alsfeld (1905-1994) und Friedrich Kunitzer (1907-1998)
1947 Gemeinsamer Eintritt in den Berufsverband bildender Künstler (BbK) in Lauterbach
1950 Wiedereinstellung als Studienrat für Kunsterziehung in Hannover an der St.-Ursula-Schule und später der Lutherschule bis zu seinem Tode 
1951 Mitglied im Bund Bildender Künstler für Norddeutschland (BBK)
vor 1953 Eintritt in die Kestner Gesellschaft in Hannover 
1955 Studienreise nach Norwegen
1957 Studienreise nach Italien 
1960 am 3. April in Hannover gestorben

Einzelausstellungen

1930-1933 in Berlin, nach Aussagen von Zeitgenossen und Malerkollegen, wobei es auch um Auszeichnungen ging
1955 Ballhof, Hannover
1960 Gedächtnisausstellung in der Lutherschule, Hannover 

Gruppenausstellungen

1929-1933 in Berlin und anderen Städten in Deutschland, nach Aussagen von Zeitgenossen und Malerkollegen
1946 BBK-Weihnachtsausstellung in Lauterbach, Hohaus und Alsfeld
1948 Frühjahrsausstellung, Kasino zu Alsfeld
1951 39. Herbstausstellung niedersächsischer Künstler, Kunstverein Hannover
1952 40. Herbstausstellung niedersächsischer Künstler, Kunstverein Hannover
1956 juryfreie Kunstausstellung im Künstlerhaus von Hannover

In der Zeit als Kunsterzieher an der St.-Ursula-Schule malt Gert Böhme zwei Altarbilder für die St. Heinrichskirche in Hannover: „Verkündigung“, 1952, und „Anbetung des gekreuzigten Heilands durch den heiligen Heinrich“, 1953. Während der Restaurierung der St. Heinrichskirche in der 70er Jahren wurden die Bilder ausgelagert und sind seitdem verschollen.

(Böhme 1950)  Böhme, Gert: in Oberhessische Zeitung: Wir besuchen die Kunstmaler in Alsfeld, Alsfeld, 1950    

(Koch 2010)  Koch, Britta: in Zum Werk von Gert Böhme (1906-1960), Hg. und Eigenverlag Johann F. Böhme, Witten, 2010

(Platz 2006)  Platz, Sieglinde: Manuskript: Gert Böhme (1906-1960), Kurzfassung einer Künstlerbiografie, Weimar, 2006; ähnlich in Kat. Robert Müller-Alsfeld, Hg. Regionalmuseum Alsfeld, Alsfeld, 2005

(Schmalig 2011) Schmalig, Paul: Künstlerlexikon Hessen-Kassel 1777-2000, Ergänzungsband 2001-2010, Verlag Winfried Jenior, Kassel, 2011, S. 40 

(Schneider 2009) Schneider, Erich, Hg.: Die Sammlung Joseph Hierling: Expressiver Realismus, Schweinfurter Museumsschriften 166, Schweinfurt 2009

(Zimmermann 1994) Zimmermann, Rainer: Expressiver Realismus: Malerei der verschollenen Generation, Hirmer Verlag München, 1994

In seinem kurzen, aber produktiven Leben, unterbrochen durch den zweiten Weltkrieg und die Monate der Kriegsgefangenschaft, hinterlässt Gert Böhme „ein künstlerisches Werk von beachtlicher Qualität“, so die Kunsthistorikerin Sieglinde Platz aus Weimar (Platz 2006). Obwohl die früheren Arbeiten durch einen Dachstuhlbrand nach Kriegsende weitgehend vernichtet wurden, knüpfte er 1945 an die vom Expressionismus beeinflussten Studienleistungen und den sozialkritischen Realismus der 20er Jahre an. Sehr bald gelangte er jedoch zu einer sehr eigenen abstrahierenden realistischen Formensprache und lotete die Grenzen bis zur abstrakten Gestaltung aus, s.a. (Schmalig 2011). 

Seine Themen findet Gert Böhme nach dem Kriege sowohl in der reinen Landschaft, in den Hafen- und Bootsmotiven, in Stillleben aber auch im figürlichen Bereich. Ihn bewegt die Aufarbeitung der Kriegs- und Nachkriegserlebnisse. In seiner Zeit an der St.-Ursula-Schule wendet er sich zeitweise religiösen Themen zu. Es entstehen zwei Altarbilder für die St. Heinrichskirche Hannover. Die Suche nach neuen formalen Mitteln und ein schneller Stilwechsel waren für viele deutsche Künstler der Nachkriegszeit typisch. So konzentrieren sich abstrakte Arbeiten im Gert Böhmes Werk auf die Jahre 1953 bis 1955, denn später findet er insbesondere im Anschluss an Studienreisen 1955 nach Norwegen und 1957 nach Italien wieder zu seinen Landschaftsbildern, Hafenszenen und Stillleben zurück, wobei sich nun Einflüsse des Formen- und Ideenguts des Kubismus und des Futurismus, der Harmonielehre der Farbformen von Johannes Itten usw. zeigen lassen. Die Kunsthistorikerin Brita Koch urteilt in (Koch 2010): „Die Malerei von Gert Böhme tendiert stets zur Abstraktion, doch eine Verbindung zur Realität bleibt, wenn auch nicht immer benennbar, bestehen“. In seiner Serie der Landschaftsbilder, die ihn bis zum Schluss fesseln, lasse die Bildstruktur das Sujet zwar noch erkennen, doch die Formen würden immer stärker vereinfacht. Böhme verliere sich nicht in irgendwelchen Details, denn er sei bestrebt, das „Naturerlebnis nach vorhandenen Gesetzen mit Hilfe von Farbe und Fläche zu ordnen“ (Böhme 1950). – Anzumerken bleibt, dass sich häufig neue formale Entwicklungen in Gert Böhmes Werk zunächst in Aquarellen und Gouachen, so auch in den Jahren 1956 und 1957, ankündigen. Krankheit und sein früher Tod ließen entsprechende Resultate in Ölbildern noch offen.

Nach einem Besuch der Ausstellung „Expressiver Realismus: Sammlung Joseph Hierling“ in der Kunsthalle Schweinfurt 2017, s.a. (Schneider 2009), (Zimmermann 1994), und einer Bitte um Einschätzung der Arbeiten Gert Böhmes anhand der Untersuchung (Koch 2010) antwortete die Direktorin der Museen in Schweinfurt, Andrea Brandl, dem Verfasser am 11.10.2017 per E-Mail wie folgt: „Das Werk Ihres Vaters ist aber überaus bemerkenswert! Vor allem der Wandel in den 50er Jahren zu eher abstrahierenden Formen in Anlehnung an Willi Baumeister ist ganz erstaunlich. Aus den 1920er Jahren und hier der neuen Sachlichkeit kommend entwickelte sich Ihr Vater mutig hin zur Moderne und vollzog einen Schritt, den die Maler der verschollenen Generation eben nicht (mehr) gingen.“

Johann Böhme

Sammlung  Johann Böhme, Witten

Sammlung  Frank E. Stainless, Schauenstein

Sammlung  Dorothea El Atawi, geb. Böhme, Waldkirch

Sammlung  Sabine Volquartz, geb. Böhme, Neumünster

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