Ulrike Enders
Kontaktadresse:
Beekestraße 76
30459 Hannover
Wissenswertes:
Meine Plastiken sollen mit formaler Spannung und mit sinnlicher, gelassener Ausstrahlung eine Beziehung zum Betrachter herstellen, damit ein befreiender Außenblick ermöglicht wird auf den abgebildeten Zeitgenossen oder ein Detail von ihm und damit auf die Regeln unseres Lebens. Gelegentlich stellt die Ironie der Abbildung die ernsthafte Selbstverständlichkeit der Konvention in Frage.
1944 geboren in Oberstdorf
1964 Hum. Abitur in Kempten/Allgäu
1964 Studium an der Kunstakademie in München
1965-1970 Kunststudium an der HdK Berlin
Seit 1972 in Hannover
Seit 1980 Kunst im öffentlichen Raum
Einzelausstellungen
2023 Kulturverein Scena, Magdalenenkapelle, Burgdorf
Skulpturengarten L. Feige / Kunstverein Barsinghausen, Gehrden
2022 Kunstraum Benther Berg, Ronnenberg
2008 Kunstverein Barsinghausen
2006 Skulpturenforum Isernhagen
2003 Stadtbibliothek, Hannover
1994 Galerie Schrade, Lindau
1992 Galerie KK, Braunschweig, Kunstverein Melle
1988-2006 6 Einzelausstellungen Galerie Artforum, Hannover
1988 Kunstverein Oerlinghausen
1986 Kunstverein Lingen
1984 Nord LB, Hannover
Beteiligungen (Auswahl):
1991 Internationales Bildhauersymposion in Japan
1985 Kunstverein Hannover: "12 Bildhauer in Niedersachsen"
1981 Kunstverein Hannover: "Wat den een sin Uhl.."
1980-1989 Ausstellungen mit der Gruppe PLASMA in Deutschland, Polen, Frankreich und Ungarn
Kunst im öffentlichen Raum
1980 Brunnen am Stöckener Markt Hannover
1983 Regenleute, Hannover
1985 Gegenseitigkeit, Hannover vor der Mecklenburgischen Versicherung
1986 Balkenmann, Hameln
1987 Stühle, Hannover, Luisenpassage
1988 Bürger, Bauer, Schaf, Dorsten
1989 Träumer, Bad Eilsen
Gruppenbild, Lingen
1990 Lindener Buttcher, Hannover, Minister-Stüve-Straße
1991 Balkenkopf, Celle
1992 3 Stelen, Hannover vor der IHK, Hamburger Allee
1993 Spiegelbaum, Hannover, Karl-Wiechert-Allee 22
1994 Rücken, Bad Nenndorf
1995 Redner Bode, Uslar
Trinkwasserbrunnen, Hannover, August-Holweg-Platz
1997 Geneigte Figur, Northeim
Kasperletheater, Hannover, W.P. Eberhard-Eggers-Platz
1998 3 mögliche Denkmäler, HH-Harburg
2000 Atlanten, Seelze
2004 Trauernde, Friedhof Hannover-Ricklingen
2007 Momo, Hannover, Michael-Ende-Platz
2009 Kulturfrauendenkmal, Lauterberg
Der genaue Blick
Ich habe als Kunststudentin erst mit Bildhauerei angefangen, als in der Berliner Hochschule eine Kunststoffwerkstatt eingerichtet wurde. Das war in verschiedenen Hinsichten eine Befreiung.
Ein neues Material provoziert keine Vergleiche mit der Kunstgeschichte. Es gibt für Polyesterplastiken fast keine Größenbeschränkung durch die Kosten oder die Transportprobleme. Es gibt keine Festlegung der Farbe, der Durchsichtigkeit oder der Oberflächenstruktur. Andere Materialien wie z.B. Stoff, Zeitung, Schmetterlinge, Spitzdeckchen zwischen den Polyesterschichten können eine direkte Verbindung mit der Realität herstellen, und das alles auch als Multiples.
Z.B. habe ich auch Plastiken modelliert, die als Sitzmöbel funktionieren. Das ist fast nur in Polyester denkbar: leicht, glatt, etwas elastisch. Man setzt sich etwa der mütterlichen Figur auf den Schoß, wo man wirklich bequem sitzt, und kann auf diese Weise eine Beziehung zu der Plastik bekommen, schon bevor man sie als Kunst betrachtet.
Später habe ich angefangen, auch Holzplastiken zu machen. Reizvoll daran erscheint mir der Gegensatz zwischen dem ursprünglichen, rauen und teilweise gespaltenen Material, das in meinen Köpfen und Figuren die Natur und das Schicksal symbolisiert und den von mir bearbeiteten und geglätteten Stellen, die motivisch wieder unsere Jetzt-Zeit zeigen und den Versuch, die Natur in den Griff zu bekommen. Manchmal habe ich auch, sozusagen als Zivilisationssymbol Porzellanscherben als Augenlieder eingesetzt, was einerseits inhaltlich auf die Pole verweist, zwischen denen wir uns bewegen, aber auch formal eine Spannung zwischen den Materialien ergibt.
Auf Grund einer Plastik aus Bauholz, die ich im Rahmen eines Symposions in Lingen aufgestellt hatte, bin ich 1991 zu einem internationalen Holzbildhauersymposion in Japan eingeladen worden( als einzige Frau und als einzige Deutsche). Dort hatte ich wunderbar dicke, alte, ehemalige Architekturbalken zur Verfügung. Ich habe denen Schlips und Kragen eingeschnitzt und ihnen damit einen neuen Auftritt verschafft.
Insgesamt stehen von mir 25 Plastiken und Figurengruppen im öffentlichen Raum, vorwiegend in Hannover, aber auch in Hamburg und anderen norddeutschen Städten. Dabei habe ich natürlich auch mit Bronze gearbeitet, das heißt, ich habe Gipsplastiken modelliert, die in Bronze gegossen wurden. Ich höre gelegentlich, Bronze sei ein überholtes Material. Aber es ist nach wie vor eines der wenigen Materialien, die dem alltäglichen Vandalismus widerstehen. Allerdings kann sich an manchen Stellen im Chaos der Stadt eine große, helle Steinplastik optisch besser durchsetzen und deshalb habe ich auch Steine gehauen.
Wenn ich einen Wettbewerb oder Auftrag für Kunst im öffentlichen Raum bekomme, ist der Platz immer vorgegeben, und ich finde es wesentlich, diesem Platz die richtige Ergänzung zu geben. Ich setze mich dort hin und stelle mir alle dort erdenklichen Möglichkeiten vor, groß, klein, kompliziert, klar, hell, dunkel, angepasst oder gegensätzlich. Erst, wenn ich die ideale Form für genau diese Situation gefunden habe, denke ich über den Inhalt nach, der natürlich auch einen Zusammenhang mit dem Ort haben soll.
Für mich als Bildhauerin ist die gute Form das Wichtigste. Jede Stelle einer Plastik muss die Spannung halten. Der Gegensatz zwischen differenzierten Formen und klaren Flächen soll das Auge anziehen und beschäftigen und dadurch die Aufmerksamkeit auch auf den dargestellten Ausschnitt der Wirklichkeit lenken.
Deswegen ist die alltägliche Realität mein Thema, das allzu Gewohnte, Selbstverständliche, über das keiner mehr nachdenkt, die Konvention, die die Spielregeln unseres Lebens bestimmt.
Die Gruppe, an der diese Gleichförmigkeit am besten zu erkennen ist, sind die normalen Mittelschicht- bis Oberschicht-Männer, die die Politik- und Wirtschaftsberichte bevölkern. Ich stelle keine Individuen dar, sondern Prototypen, und auch die nicht immer vollständig. Einerseits will ich den Blick auf Details fokussieren, anderseits ist unser inneres Auge offensichtlich bereit, Unvollständiges, soweit es zu einem bekannten Muster gehört, sofort zum Vollständigen zu ergänzen. Welches Ganze dabei imaginiert wird, zeigt uns, welche Strukturen unseres Alltags wir verinnerlicht haben. Vielleicht werden sie uns dadurch bewusster, ermöglichen den Blick von außen und fördern das Wissen um die Mechanismen unseres Handelns.